Das Problem mit Ocean Plastic

Das Problem mit Ocean Plastic



Autor: Marten Beckmann
Plastikmüll ist heutzutage ein wortwörtlich gigantisches Problem. So fielen im Jahre 2020 allein in Europa fast 30 Millionen Tonnen Kunststoffabfall an, eine Zahl, die trotz verschärften Auflagen im letzten Jahrzehnt stetig gewachsen ist. Schaut man über die europäischen Grenzen hinweg sieht die Situation noch düsterer aus: Während die weltweiten Produktionsmengen gerade im asiatischen Raum exponentiell steigen, nimmt auch die Plastikverschmutzung weiter zu.

Mehr Plastikmüll als Fische
Gerade unsere Weltmeere sind betroffen, denn gelangen Kunststoffe in die Natur ist es nur eine Frage der Zeit bis Wind, Niederschläge und Flüsse sie in die Ozeane spülen. Über die Jahrzehnte hat sich dort eine erstaunliche Menge an Müll angesammelt, schätzungsweise bis zu 150 Millionen Tonnen, zu denen jedes Jahr fünf bis zehn Millionen weitere Tonnen dazukommen. Und wem dies alles noch nicht illustrativ genug ist, der mag sich vorstellen, dass bereits 2050 das Gewicht des maritimen Plastikmülls das der gesamten Biomasse in den Ozeanen übersteigen wird. Das Szenario “Mehr Plastik als Fische im Meer”, ist jedoch nur die Spitze des Eisberges: Schon jetzt belastet die Verschmutzung die maritimen Ökosysteme sehr und stellt eine große Gefahr für die Artenvielfalt da. Unzählige Tiere verenden nach dem Verschlucken von Müll und Spuren von Mikroplastik werden fast in jedem Fisch nachgewiesen. Das besonders perfide dabei: Der Kunststoff ist gekommen, um zu bleiben. Während Holz oder andere natürliche Materialien nur wenige Jahre im Ozean überleben, trotzen Plastikverpackungen, Anglerschnüre und Windeln mehrere hunderte Jahre den Gezeiten.

Plastikbecher im Wasser
Plastikverschmutzung in unseren Meeren ist ein gigantisches Problem, sowohl für Tiere als auch für uns Menschen.
Die Sache mit dem Ocean Plastic
Es muss also eine Lösung her, viele Projekte zur Ozeanreinigung sind in den letzten Jahren entstanden. Eine besonders beachtete Entwicklung ist die Verwertung von recyceltem Plastik aus dem Ozean, sogenanntes Ocean Plastic. Unzählige Produkte kamen auf dem Markt und versprachen ihren Käufern und Käuferinnen ein gutes Gewissen. Ob Sneaker, Duschgel-Verpackungen, Rucksäcke oder Brillen, nahezu alles gibt es nun auch aus recycelten Ozeanmüll. Und während sich viele dieser Produkte großer Beliebtheit erfreuen und auch die Wirtschaftlichkeit von Ozeanreinigung begründen zu scheinen, so gibt es leider einen Haken. Wohl keines der heute auf dem Markt stehenden Produkte besteht wirklich aus aus den Ozeanen gefischtem Plastik, auch wenn es der Name vermuten lässt. Ob aus Unkenntnis oder perfidem Greenwashing, viele „Labels“ und Versprechen bezüglich Ozeanplastiks sind haltlos und erwecken einen falschen Eindruck. Doch wie kann das sein?
Warum es kein echtes Ocean Plastic auf dem Markt gibt
Unsere "The Box" besteht größtenteils aus hochwertigem Polypropylen, oder kurz PP. Dabei war es uns von Beginn an klar, dass wir hierzu keinen neu gefertigten Kunststoff verwenden möchten, sondern ausschließlich auf Recyclate setzen, also recyceltes Plastik. Die Idee, mit Ocean Plastic gleichzeitig auch unseren Weltmeeren etwas Gutes zu tun, war schnell geboren und leider noch schneller gestorben. Denn echtes Ozeanplastik, also aus dem Meer entnommener Kunststoffmüll, ist aus verschiedenen Gründen für die Weiterverarbeitung ungeeignet. 

  • Schlechte Qualität
    Der Kunststoff aus dem Ozean ist oft schon eine ganze Weile im Wasser, bevor er entnommen wird. Und auch wenn das Material kaum abbaubar ist, setzt der Ozean dem Kunststoff ganz schön zu. Der hohe Salzgehalt im Wasser, die permanente Sonneneinstrahlung sowie die Abreibung durch Wellenbewegung – echtes Ozeanplastik ist oft stark beschädigt und von schlechter Qualität. Eine Weiterverarbeitung wäre oft erst nach intensiver Aufbereitung möglich.
Plastik am Strand
Der aus dem Ozean gefischte Kunststoff ist meistens von schlechter Qualität und nicht mehr wiederverwertbar.
  • Unterschiedliche Zusammensetzung
    Das Plastik in den Weltmeeren ist extrem heterogen und kann kaum als einheitliche Masse verstanden werden. So existieren neben den bekanntesten Kunststoffarten PP, PVC und PET, über 80 (!) weitere Zusammensetzungen, welche für verschiedenste Produkte verwendet werden und alle im Meer zu finden sind. So ist die vor Indonesien schwimmende Plastikflasche aus PET, das Batteriegehäuse vor der US-Küste aus ABS und die Kabelisolierung in der Nordsee aus FEP. Die verschiedenen Kunststoffarten können oftmals nicht zusammen recycelt werden und müssten mühsam identifiziert und sortiert werden. Darüber hinaus wird der Kunststoffmüll aus unterschiedlichen Quellen eingetragen und hat oft große Unterschiede in Qualität, Reinheit und Zusatzstoffen, weswegen nicht einmal gleichen Kunststoffarten die Recyclingfähigkeit garantieren.

  • Unterschiedliche Verschmutzungs- und Beschädigungsgrade
    Ja, selbst Verschmutzung kann verschmutzt sein. Wie im ersten Punkt angemerkt ist der Plastikmüll in unseren Ozeanen vielen Einflüssen ausgesetzt. Doch mindert dies nicht nur die Qualität, sondern stellt einen weiteren Faktor bei der Sortierung da. Der Müll ist unterschiedlich alt und war in verschiedenen Gewässern, bevor er aus dem Meer entnommen wurde – der Verschmutzungsgrad ist dementsprechend oft sehr unterschiedlich. Während das drei Monate alte Fischernetz gut wiederverwertet werden könnte, ist die 17 Jahre alte Plastiktüte zu nichts mehr zu gebrauchen. Aus dem Meer muss aber natürlich beides!

  • Unglaublich teuer
    Alle bereits aufgezählten Faktoren erfordern eine mühsame Sortierung des Plastikmülls, welche viel Arbeitskraft und technisches Gerät voraussetzen. Aber auch schon beim vorherigen Schritt, der Entnahme des Kunststoffes aus dem Wasser, fallen hohe Kosten an. Ob mit voll ausgerüstetem Hochseeschiff mit Besatzung oder schwimmenden Filteranlagen, günstig ist der Betrieb nie. Wie unwirtschaftlich echtes Ocean-Plastik wirklich ist, zeigt das Beispiel einer deutschen Forscherin, welche sich mithilfe einiger Studierenden die Mühe machte, Gegenstände aus hundertprozentig recyceltem Ozeanmüll herzustellen. Die geschätzten Produktionskosten für einen einfachen Brieföffner: knapp 200 Euro.
Alles schlecht?
So schön es auch klingen mag, Ocean Plastic ist leider nur ein irreführender Begriff mit großer Nähe zum Greenwashing. Ganz gelogen ist es oftmals aber auch nicht, denn neu ist das verwendete Plastik nicht und eine gewisse Nähe zum Meer besteht dann doch. So sind Rucksäcke, Duschgel-Verpackung und Sneaker zwar nicht aus echtem Ozeanmüll, aber aus welchem, der es werden könnte. So hieß es in einer Stellungnahme von Adidas aus dem Jahre 2019: „Der Plastikmüll stammt von Stränden und aus Küstenregionen und wurde recycelt, bevor er in die Ozeane gelangen konnte“. Auch die eigentlichen Anbieter von Ocean Plastic sprechen meistens von sogenanntem Ocean-bound Plastic, also Kunststoff, welcher in der Nähe von Ozeanen aufgegriffen wurde. Hauptquellen hierfür sind Strände, Flussmündungen und Mülldeponien in Küstennähe. Und auch wenn dies nicht weniger wichtig ist, können viele Marketingabteilungen dem verlockenden Begriff des Ozeanplastiks nicht widerstehen: Der Begriff Ocean Plastic ist nicht geschützt und klingt einfach zu gut.
Plastik am Strand
Ocean Bound Plastic stammt nicht direkt aus dem Ozean, wird jedoch in Küstennähe aufgenommen. So wird verhindert, dass der Kunststoff ins Meer gelangt.
Wir bei Urban Greenery möchten jedoch transparent sein, weil wir fest davon überzeugt sind, dass nur mit Authentizität und Ehrlichkeit eine glaubwürdige Unternehmenskommunikation möglich ist. Das gesamte Gehäuse sowie die Schubladen unserer Box bestehen zu einhundert Prozent aus recyceltem Ocean-Bound Plastic.